Der Playboy und IEEE – das Ende einer (un-)rühmlichen Verbindung. R.I.P Lenna!
ab dem 1. April will IEEE keine Beiträge mehr akzeptieren, die das Lenna Bild enthalten. Damit erlebt eine für mich sehr faszinierende Geschichte im Bereich der Computergraphik und Bildwissenschaften einen neuen Wendepunkt.
Was ist das Lenna Bild?
1972 erschien in der Novemberausgabe des Playboys das schwedische Model Lena Forsén. Im Frühsommer 1973 suchten Wissenschaftler des Image Processing Institute (SIPI) der University of Southern California (USC) nach einem Testbild für eine Publikation und verwendeten „aus Zufall“ eben jenes Bild bzw. den Kopf. Später wurde es Teil der USC-SIPI Image Database und konnte sich in dem Bereich zum Industriestandard entwickeln.
1991 erschien das Bild im Juli auf der Titelseite der Fachzeitschrift Optical Engineering. Dadurch wurde es zu einem der meistverwendeten Testbilder im Bereich der Bildverarbeitungsforschung. Auch dem Playboy fiel nun auf, wie stark das Bild verbreitet und genutzt wurde. Anfänglich wollte der Playboy noch Urheberrechtsverletzungen geltend machen, scheiterte aber und entschied das nicht weiter zu verfolgen.
1997 wurde Lena als Ehrengast auf zum 50. Geburtstag der Society for Imaging Science and Technology eingeladen und gab Autogramme. Eine Infowebseite wurde über das Bild und sie selbst auch erstellt. Auf der IEEE Conference on Image Processing 2015 war sie auch eingeladen und überreichte die Publikumspreise an die Teilnehmer.
2019 wurde im Zuge der MeToo Beweung die Dokumentation „Losing Lena“ veröffentlicht, in der Lena Forsén darum bat, das Bild nicht mehr zu verwenden. Bereits vorher hatte es schon Kontroversen um die Verwendung dieses Bildes im Bereich der Wissenschaften gegeben, da das Bild Frauen objektifiziere und Teil einer sexistischen Atmosphäre in der Forschung sei.
Was fasziniert mich am Lenna Bild?
Ich habe lange im Bereich der Bildmedien gearbeitet und geforscht. Insbesondere mit Fokus auf die Bedingungen der Möglichkeiten von virtueller Realität.
Wie müssen Bildräume geschaffen sein, damit ich sie als realitätsabbildend wahrnehme?
Welche Modelle von Realität haben/ hatten Software-Ingenieurende um realitätsabbildende Bilder zu schaffen?
Welche Technologien und Standards brauchte es, um virtuelle Realität zu entwickeln?
Die Durchsetzung des Fotorealismus als Realitätsstandard im Bereich der CGI ist eng verwurzelt mit unserem „Glauben“, dass Fotografien die Realität abbilden. Ohne diesen „Glauben“ und den Fotorealismus als Standard würden heutige Deep Fakes gar nicht funktionieren.
Zudem ist für mich die Geschichte des Lenna Bildes auch eine Geschichte der Ent- und Rekontextualisierung von Bildern. D.h. wie Bilder aus einem (Verwendungs-)zusammenhang gerissen werden können und in einem völlig Neuen auftauchen. In dem Sinne hat das Lenna Bild für mich definitiv auch Geschichte geschrieben, die nun mit dem ersten April ein neues Kapitel aufschlägt bzw. ihr Ende erfährt.